Eine schlechte oder fehlende Struktur ist einer der Hauptgründe, warum Kandidat:innen im Rahmen von Case-Interviews scheitern. Warum? Weil Case-Interviews dazu entwickelt wurden, reale Consulting-Szenarien zu simulieren. Und in der realen Consulting-Welt musst du ständig Probleme strukturieren. Wenn du diese Fähigkeit während deines Interviews nicht klar demonstrieren kannst, wirst du sie wahrscheinlich auch im Job nicht anwenden können und somit in einer Consulting-Karriere nicht erfolgreich sein. Aber bleiben wir positiv: Fähigkeiten zur Strukturierung können erlernt werden. Mit einigen grundlegenden Prinzipien und viel Übung kannst du in dieser wichtigen Disziplin glänzen.
Warum ist eine gute Struktur in Case-Interviews so wichtig?
Indem du einen strukturierten Ansatz in deinem Case-Interview verfolgst, verbesserst du nicht nur deine Erfolgschancen, sondern zeigst auch die Schlüsselqualitäten, die Consulting-Firmen bei potenziellen Mitarbeiter:innen suchen:
- Problemlösungsfähigkeiten: Eine gute Struktur ermöglicht es dir, komplexe Probleme in überschaubare Teile zu zerlegen. Sie hilft dir, die wichtigsten Bereiche zu priorisieren und sicherzustellen, dass du alle Aspekte des Problems systematisch abdeckst. Diese Gründlichkeit ist im Consulting entscheidend, da eine unvollständige Analyse zu suboptimalen Empfehlungen führen kann.
- Analytische Fähigkeiten: Eine gute Struktur sorgt dafür, dass deine Analyse gründlich und logisch fundiert ist. Dies ist entscheidend, um glaubwürdige und überzeugende Argumente zu entwickeln. Die Strukturierung deines Cases anhand von Hypothesen und die datengestützte Überprüfung dieser Hypothesen führt zu der Art von evidenzbasierten Empfehlungen, die im Consulting erwartet werden.
- Kommunikationsfähigkeiten: Die Strukturierung deiner Gedanken hilft dir, deine Argumentation klar und deutlich vorzutragen. So bleibt der Interviewer bei der Sache und kann deiner Analyse leichter folgen. Schließlich ist eine effektive Kommunikation im Consulting unerlässlich. Ebenso wichtig wie das Lösen eines Problems ist es, die Ergebnisse verständlich zu kommunizieren. Dein Publikum (sei es der Interviewer oder der CEO, sobald du den Job hast) muss deine Argumentation verstehen, um darauf aufbauen und die entsprechenden Entscheidungen treffen zu können.
Wie du eine gute Struktur in deinem Case-Interview aufbaust
Eine gute Struktur ist die Grundlage für das erfolgreiche Lösen deines Cases. Sie kann als eine Art Landkarte verstanden werden, die dich durch deine Analyse führt, um am Ende eine fundierte und durchdachte Lösung zu finden. Indem du einer klaren Struktur folgst, stellst du sicher, dass du alle relevanten Punkte abgedeckt und alle notwendigen Schritte unternommen hast, um eine solide Empfehlung für deinen Case zu geben.
Das erste, was du in diesem Zusammenhang verstehen musst, ist, dass es keine Einheitslösung gibt. Jeder Case ist anders, und du musst deinen Ansatz flexibel an die jeweilige Situation anpassen können. Genau wie in der realen Consulting-Welt muss deine Struktur an die speziellen Umstände des Klienten angepasst sein und zeigen, dass du das individuelle Szenario wirklich verstanden hast. Berater:innen bei Top-Firmen wie McKinsey, BCG oder Bain werden nicht (fürstlich) dafür bezahlt, dass sie Standardlösungen bieten, sondern dafür, einzigartige Lösungen für einzigartige Herausforderungen zu finden und dabei alle relevanten Aspekte abzudecken.
Auch wenn deine Struktur in hohem Maße auf den jeweiligen Case zugeschnitten sein muss, bringen dich die folgenden vier einfachen Schritte dem Erfolg ein großes Stück näher:
Schritt 1: Das Problem klar definieren
Du kannst keine Struktur zur Lösung deines Cases entwickeln, wenn du den Case nicht von Anfang an richtig verstanden hast. Stelle sicher, dass du das Problem deines Case-Szenarios genau benennst. Stelle relevante Fragen zum Unternehmen, zum Geschäftsmodell und zur Situation, zu der du beraten sollst. In manchen Fällen kann es auch erforderlich sein, mehr Informationen über die Kundenbasis oder die Wettbewerbssituation deines Klienten zu erfragen. Jede Frage, die du stellst, sollte eine klare Absicht verfolgen, und die gewonnenen Erkenntnisse sollten zur Entwicklung deiner Struktur genutzt werden.
Fasse nach den ersten 2-3 Fragen zusammen, worin deiner Meinung nach das Hauptproblem besteht, und hole dir Feedback vom Interviewer oder der Interviewerin, ob du die Situation richtig verstanden hast. Sobald der Interviewer dies bestätigt, bitte um ein paar Minuten Zeit, um deine Case-Struktur zu erstellen, und dann leg los.
Schritt 2: Das Problem in seine Bestandteile zerlegen
Eine gute Struktur ist im Grunde nichts anderes als ein Problem, das in überschaubare Teile zerlegt wird, die nach Prioritäten geordnet und Schritt für Schritt abgearbeitet werden können. Es gibt viele Möglichkeiten, dies zu tun, aber einige sind leichter zu verfolgen als andere. Das Ziel ist es, einen logischen Ansatz zu schaffen, der die Komplexität eines Problems reduziert und es so leichter handhabbar macht.
Es gibt grundsätzlich zwei Ansätze, wie erfolgreiche Kandidat:innen vorgehen, um eine Struktur zu erstellen: Nummer eins ist das Erstellen eines Problembaums von Grund auf und Nummer zwei ist die Verwendung eines vorhandenen Frameworks, das individuell an den Case angepasst wird. Problembäume sind oft hilfreich für einfache und eher kurzfristige Probleme. Je komplexer es wird, desto wahrscheinlicher stößt du an die Grenzen dieses Instruments und musst mit konzeptionellen Frameworks arbeiten, die individuell an den Case angepasst werden müssen.
Erfolglose Kandidat:innen verwenden oft den dritten Ansatz: Sie nehmen ein vorhandenes Framework und wenden es auf den Case an, ob es nun passt oder nicht. Wir würden diesen Ansatz gar nicht erst als wirklich Approach in Betracht ziehen. Case-Interviews sollen nicht dein Wissen über gängige Frameworks testen, sondern deine Problemlösungsfähigkeiten, Kreativität und analytisches Denken bewerten. Wie kannst du diese Skills beweisen, wenn du vorgefertigte Frameworks auf deinen Case anwendest? Die Antwort ist einfach: Es ist unmöglich. Konzentrieren wir uns also auf die Ansätze, die erfolgreiche Bewerber:innen beim Aufbau einer Struktur verwenden.
Ansatz 1: Einen Problembaum erstellen
Die Erstellung eines Problembaums ist eine sehr einfache, aber effektive Methode, um deinen Case zu strukturieren. Der Grundgedanke besteht darin, die Ursachen deiner Probleme zu ermitteln und sie in Kategorien aufzuteilen, die sich gegenseitig ausschließen und gemeinsam erschöpfend sind (MECE). Sobald du das getan hast, kannst du dich Ast für Ast durch den Baum arbeiten. Baue Hypothesen zu den relevantesten Ästen auf, die in deiner Analyse priorisiert werden, und halte dich immer an die Struktur deines Baumes.
Wichtig zu beachten ist, dass dein Problembaum von Grund auf neu erstellt und individuell auf deinen Case zugeschnitten sein sollte. Bei der Vorbereitung auf ein Interview wirst du höchstwahrscheinlich eine ganze Reihe von Problembäumen sehen. Das ist großartig und kann dir helfen, leichter eine Struktur für deinen Baum im realen Interview zu entwickeln. Aber mache nicht den Fehler, dich auf Problembäume zu verlassen, die du in der Vergangenheit verwendet hast. Wie wir bereits gelernt haben, ist jedes Case-Szenario anders, und du musst zu 100% darauf achten, was von dir verlangt wird, um eine passende Lösung zu finden.
👉 Hier findest du detaillierte Informationen darüber, wie du einen Problembaum zur Strukturierung deiner Gedanken verwenden kannst.
Ansatz 2: Ein vorhandenes Framework nutzen und individuell anpassen
Wenn es dir schwerfällt, einen Problembaum für das gegebene Problem zu erstellen (und nicht jedes Problem kann mit einem Problembaum strukturiert werden), kannst du ein vorhandenes Framework verwenden und es individuell an den Case anpassen.
Die folgenden Frameworks können ein guter Ausgangspunkt für dein individuelles Framework sein:
Die individuelle Anpassung ist hierbei entscheidend. Es gibt viele Möglichkeiten, dies zu tun, aber die folgenden drei Tipps können ein guter Ausgangspunkt sein:
➡ Die allgemeinen Komponenten des Frameworks anpassen
Basierend auf der klaren Definition des Case-Szenarios identifiziere die spezifischen Bedürfnisse und Ziele, die dein Framework adressieren muss. Wähle ein Framework, das du als Grundlage verwenden möchtest, und überprüfe die Komponenten und Schritte dieses Frameworks kritisch. Bestimme, welche Teile am relevantesten sind, füge bei Bedarf Komponenten hinzu und lass’ Aspekte weg, die für deinen Case nicht benötigt werden.
Dein Framework sollte so umfassend wie möglich sein, um alle Aspekte deines Problems abzudecken, aber gleichzeitig spezifisch genug, um problemorientiert zu sein. Dies mag kompliziert erscheinen, aber sobald du die gängigen Frameworks verinnerlicht hast, kannst du anfangen, mit ihnen zu arbeiten und sie flexibel anzupassen.
💡 Prep Tipp: Übe mit Kolleg:innen oder einem professionellen Coach, um Feedback zu deiner Struktur zu erhalten: Ist sie logisch und leicht verständlich? Deckt sie alle kritischen Aspekte ab? Ist sie für den vorliegenden Case geeignet? Sammle das Feedback und identifiziere Muster von Strukturierungsansätzen, die gut funktioniert haben und solche, die es nicht getan haben. Du wirst sehen, dass sich deine Strukturierungsfähigkeiten schnell verbessern werden.
➡ Verschiedene Frameworks miteinander kombinieren
Ein fortgeschrittenerer Ansatz als das einfache Anpassen der allgemeinen Komponenten eines Frameworks ist die Kombination verschiedener Frameworks miteinander. Um die spezifischen Probleme in deinem Case zu lösen, kann es sinnvoll sein, Elemente aus verschiedenen Frameworks zu kombinieren und dein eigenes, maßgeschneidertes Framework zu erstellen. Achte darauf, dass du dabei logisch vorgehst und strukturiert bleibst. Die Frameworks, mit denen du arbeitest, sollten gut ausgewählt sein und in denselben Kontext passen.
➡ Die Sprache und Terminologie des Frameworks an den Case anpassen
Passe deine Sprache an den spezifischen Kontext und die Anforderungen deines Cases an. Je nach Branche deines fiktiven Kunden kann eine bestimmte Terminologie erforderlich sein. Passe die Namen deiner Framework-Kategorien an die individuellen Gegebenheiten deines Cases an und zeige, dass du die besondere Situation deines Kunden verstanden hast. So macht es beispielsweise einen Unterschied, ob es sich um ein B2B-Unternehmen mit „Unternehmern“ als Kunden oder eine Online-B2C-Plattform mit „Nutzern“ als Kund:innen handelt. Kleine Anpassungen in deiner Formulierung wie diese können den Unterschied zwischen einem guten und einem ausgezeichneten Bewerber ausmachen.
Schritt 3: Die Ursachen des Problems priorisieren
Sobald du dein anfängliches Framework für den Case erstellt hast, ist der nächste Schritt, die Ursachen des Problems nach Prioritäten zu ordnen. Bestimme die Reihenfolge, in der du die Themen angehen wirst, basierend auf ihrer Auswirkung und Dringlichkeit. Diese Priorisierung hilft, deine Analyse und Empfehlungen logisch zu strukturieren.
Hypothesenorientiertes Denken ist hier der Schlüssel. Basierend auf den dir vorliegenden Informationen und einigen weiteren Fragen, die du möglicherweise gestellt hast, solltest du in der Lage sein, eine erste Hypothese über die wichtigsten Problemfaktoren deines Cases zu entwickeln. Konzentriere dich zunächst auf diese und mache deutlich, warum du einen bestimmten Aspekt des Problems als Ausgangspunkt für deine Analyse gewählt hast. Die Begründung dafür sollte klar und logisch sein. Wenn du auf dem falschen Weg bist, wird dich der Interviewer höchstwahrscheinlich sofort darauf hinweisen, aber du wirst trotzdem Anerkennung dafür erhalten, dass du einen klaren und logischen Problemlösungsansatz verfolgt hast.
Nachdem du den relevantesten Aspekt deines Problems identifiziert hast, vertiefe die Analyse. Füge deinem anfänglichen Framework weitere Details und Erkenntnisse hinzu, aber bleibe dabei stets strukturiert. Konzentriere dich darauf, das Hauptproblem zu lösen, das du zu Beginn des Cases definiert hast. Folge einem logischen Ansatz und verliere dich nicht in zu vielen Details.
Schritt 4: Deine Struktur bei Bedarf anpassen
Es kann vorkommen, dass du mit deiner Analyse beginnst und feststellst, dass deine anfängliche Struktur nicht mehr zum Case passt. Teile diese Erkenntnis deinem Interviewer mit und passe die Struktur bei Bedarf an. Es ist besser, Anpassungen vorzunehmen, als an der ursprünglichen Struktur festzuhalten und komplett festzustecken. Erkläre jedoch unbedingt die Gründe für jede Änderung an deinem Framework, um Klarheit und Kontext zu bieten. Stelle sicher, dass der Interviewer die Änderungen versteht, und evaluiere und verfeinere dein Framework kontinuierlich.
Wie kannst du deine Strukturierungsfähigkeiten verbessern?
Der beste Weg, um deine Strukturierungsfähigkeiten zu optimieren, ist der einfachste von allen: Üben.
Es gibt kein Geheimrezept und keine Magie dahinter. Verinnerliche die Frameworks, die du als Grundlage verwenden kannst, und übe, übe, übe. Löse einige Cases allein, aber stelle sicher, dass du so bald wie möglich mit Gleichgesinnten übst. Durch das Durchführen von Mock-Interviews erhältst du nicht nur wertvolles Feedback zu deinen eigenen Strukturierungsfähigkeiten, sondern kannst auch beobachten, wie andere Kandidat:innen diese Aufgabe angehen. Notiere Best Practices, verfolge deinen Fortschritt und werde besser und besser, bis du dich für den finalen Interviewtag sicher fühlst. Im Durchschnitt führen erfolgreiche Kandidat:innen auf PrepLounge 20-30 Mock-Interviews durch, also sei nicht schüchtern und wage dich raus. Auf unserem Meeting-Board findest du zu jeder Zeit gleichgesinnte Case-Partner, mit denen du üben kannst.
Key Takeaways – Die wichtigsten Tipps zum Aufbau einer guten Case-Struktur
Eine gute Struktur ist der Schlüssel, um deinen Case erfolgreich zu lösen und dein Potenzial als zukünftiger Consultant zu zeigen. Um sie zu erstellen, musst du die spezifischen Anforderungen des vorliegenden Cases wirklich verstehen. Deine Struktur muss dann individuell auf die jeweiligen Umstände zugeschnitten und angepasst werden. Konzeptuelle Frameworks können als Basis dienen, müssen jedoch an das Case-Szenario angepasst und nicht blind angewendet werden. Um die logische, hypothesengetriebene und systematische Denkweise eines Consultants zu verinnerlichen, ist Übung erforderlich. Vernetze dich mit Kollegen oder hole dir die Unterstützung eines professionellen Coaches, um sicherzustellen, dass du in dieser Disziplin brillierst. Wenn du dies getan hast, steht einer erfolgreichen Karriere im Consulting nichts mehr im Weg. 🚀
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