Berg Lund & Company Case: Regionalbank in Schieflage / Gen Z als Zielgruppe

Das Jahresergebnis (vor Steuern) einer Bank ergibt sich typischerweise (vereinfacht) aus (Zinsüberschuss + Provisionsüberschuss) – (Personalaufwand + Sachaufwand).

Eine sinnvolle Strukturierung der Haupttreiber erfolgt auf dem obersten Level nach Erträgen und Aufwendungen:

• Haupterträge
  • Zinsüberschuss: hauptsächlich der Saldo aus Zinserträgen (v. a. Kundendarlehen/-kredite) und Zinsaufwendungen (v. a. Kapitalanlagen der Kunden; Zinsen steigen im Markt wieder)
  • Provisionsüberschuss: hauptsächlich der Saldo aus Provisionserträgen (v. a. Kontoführungsgebühren, Buchungsentgelte, Wertpapiererträge (bspw. Depotführung, Transaktionen), Versicherungen, Bausparprovisionen) und Provisionsaufwendungen (v. a. gezahlte Provisionen)
• Weitere Aufwendungen
  • Personalaufwand
  • Sachaufwand: IT, Gebäude, Werbung/Marketing, …

Alternativ kann beispielsweise der Zins- bzw. Provisionsüberschuss noch in Zins-/ Provisionserträge und Zins-/Provisionsaufwendungen unterteilt werden.

In den letzten Jahren war für alle Banken aufgrund der Niedrigzinsphase weniger Zinsüberschuss generierbar.

Der Zinsüberschuss sinkt kontinuierlich (~18% im Betrachtungszeitraum). Auch der Provisionsüberschuss folgt einem ähnlichen Verlauf, wenngleich der relative Rückgang deutlich höher ist (~34% im Betrachtungszeitraum).

• Zinsüberschuss: Durch die bis zur kürzlichen Zinserhöhung herrschende Zinsstruktur erklärbar. Wird an anderer Stelle übergreifend untersucht und soll nicht Gegenstand der weiteren Untersuchungen sein.
• Provisionsüberschuss: Nicht ohne weiteres erklärbar und sollte weiter untersucht werden!

• Mögliche Kriterien für die Clusterung (Auszug):
  • Einzelne Produktkategorien: Kontoführung, Wertpapier, Versicherungen, Bausparen, weitere
  • Strukturmerkmale: Anzahl der Konten, Depots, Sonstige, …
  • Kundenseite:
    • Privatkunden vs. Firmenkunden
    • Privatkunden: Alter der Kunden, Vermögen der Kunden, Einkommen der Kunden, Ansässigkeit der Kunden (Bundesländer, Landesteile, Städte, Gemeinden, …)
    • Firmenkunden: Umsatz des Unternehmens, Branche, Bonität/Ratingklassen, …

In der Regel besitzen ältere Kunden ein höheres Vermögen als junge Kunden und somit ein höheres Potenzial zur Erwirtschaftung von Provisionsüberschüssen.

Grundsätzliche Information: Generationen werden nach den folgenden Geburtsjahren differenziert:

• Gen Z: Geboren zwischen 1996 und 2010
• Gen Y/Millennials: Geboren zwischen 1980 und 1995
• Gen X: Geboren zwischen 1965 und 1979
• Babyboomer: Geboren zwischen 1946 und 1964

• Anzahl der Konten sinkt, allerdings nicht im gleichen Umfang wie der Provisionsüberschuss.
• Anteil der Gen Z-Konten steigt stark an – Anteil der Konten von Babyboomern und anderer älterer Generationen sinkt.
• Durch in der Regel niedrigere Vermögen der jungen Gen Z im Vergleich zu älteren Generationen wird zum jetzigen Zeitpunkt in der Regel ein niedrigerer Provisionsüberschuss als bei den älteren Generationen erwirtschaftet. Dadurch wirkt sich ein steigender relativer Anteil an Gen Z-Konten zunächst einmal negativ auf den Provisionsüberschuss aus.
  • Üblicherweise kostenloses „Jugend-Konto“, Provisionsüberschuss lediglich in geringem Umfang durch kostenpflichtige Echtzeitüberweisungen, Ersatzkartenbestellungen o. ä.
  • Mit Älterwerden der Gen Z steigt auch das Potenzial für Provisionsüberschüsse, beispielsweise durch Cross-Selling (Kredite, Wertpapierdepots, …).
• Blick nach vorne: Anteil der älteren Generationen wird weiter abnehmen. Gefahr droht, dass Provisionsüberschuss durch Gen Z dies nicht kompensieren kann und der Provisionsüberschuss weiter fällt (Demografischer Wandel: Gen Z ist durch den Geburtenrückgang auch eine deutlich kleinere Kundengruppe).

• Allgemeine Implikationen für die Bank
  • Digitalisierung: intuitive state-of-the-art App, Self-Services, hoher Wunsch nach Individualisierung
  • Sinnsuche: Ethisch und moralisch geleitet, inkl. entsprechender Zahlungsbereitschaft, z. B. Nachhaltigkeit
  • Andere Ansprache/Kommunikation/Wissensvermittlung: Social Media, klassische Beratungsgespräche nicht (immer) gewünscht
  • Kundenvolumen: Deutlich kleineres Kundensegment durch schwächere Geburtenjahrgänge, zudem immer mehr Konkurrenz z. B. durch Start-Ups
  • Lebensvorstellungen: Teilweiser Bedeutungsverlust gesellschaftlicher Normen und (für Banken) wichtiger Lebensereignisse wie z. B. Auto- oder Immobilienkauf
• Implikationen mit Blick auf Konto/Karte
  • Bepreisung eines Kontos bzw. der Karte
  • Nur in Kombination mit spürbarem Mehrwert
    • Produkte: Nachhaltigkeitskonto (CO2-neutraler Betrieb, Spenden an Nachhaltigkeitsprojekte, Einlagen in nachhaltige Produkte, …)
    • Design: „Features“ bzgl. Kartendesign oder -material (z. B. Holz), …
    • Funktionalität: Unterkonten, mehrere IBANs, intuitive App, Online-Kontaktmöglichkeiten, …
    • Sonstige Mehrwerte: Cashback und Bonusprogramme, (Reise-) Versicherungen, Auswertungen und Statistiken, …
  • Finanzieller Anreiz
    • Startguthaben
    • Freunde werben
• Schlussfolgerung: Es soll ein neues Gen Z-Konto eingeführt werden

Aus Sicht der Bank ist die Einführung des Kontos dann sinnvoll, wenn der aggregierte Provisionsüberschuss des Nachhaltig-Kontos nach drei Jahren größer null ist 

ca. 10 Transaktionen pro Monat

• Transaktionskosten (Clearing & Settlement) werden nicht an Kunden weitergegeben

Anzahl Konten verändert sich nach dem ersten Jahr nicht weiter

• Einmalkosten (Startguthaben, Investitionskosten und Holzkarten) sollen dem ersten Jahr zugeschrieben werden (keine Abschreibung)
• Für die Jugend-Konten fallen mit der Einführung der Nachhaltig-Konten keine zusätzlichen Kosten an
• Die „Sonstigen Provisionserträge“ (s. vorherige Fragestellung, bspw. durch kostenlose Echtzeit-Transaktionen oder Ersatzkartenbestellungen) in Höhe von durchschnittlich 2,00 € je Konto ändern sich durch die Einführung des Nachhaltig-Kontos nicht
• Weitere Aufwendungen zur Erwirtschaftung der Provisionserträge sollen vernachlässigt werden
• Keine Diskontierung notwendig

Jugend-Konto:
[in Tsd.] 75% * 50 = 37,5

Nachhaltigkeit-Konto:
[in Tsd.] 25% * 50 + 10 = 22,5

Einmalkosten „Nachhaltig-Konto“

Startguthaben * #Konten Nachhaltig + Kosten Karten Nachhaltig * Mindestabnahmemenge + Investitionskosten 
= 50 € * 22,5 Tsd. + 10 € * 30 Tsd. + 100 Tsd. € = 1.525 Tsd. €

Kosten „Nachhaltig-Konto“ p. a. (= Transaktionskosten p. a.)

10 Transaktionen p. Monat * 12 Monate p. a. * 0,03 € p. Transaktion Nachhaltigkeit * #Konten Nachhaltig
= 3,6 € * 22,5 Tsd. = 81 Tsd. €

Provisionserträge „Nachhaltig-Konto“ p.a.

#Konten Nachhaltig *(Kartengebühren p. a. + Provisionsertrag Jugend p. a.)
= 22,5 Tsd. * 32 € = 720 Tsd. €

• Provisionsüberschuss des „Nachhaltig-Kontos“ (in Tsd. €):

Jahr 1: 720 – 81 – 1.525 = - 886; Jahr 2/3 je: 720 – 81 = + 639 🡪 Summe = +392

• Provisionsertrag pro Gen Z-Konto (in €):

(#Konten Nachhaltig * Provisionsertrag pro Nachhaltig-Konto + #Konten Jugend * Provisionsertrag pro Jugend-Konto) / #Konten Gesamt 
= 22,5 * 32 € + 37,5 * 2 €) / 60 = 13,25 pro Gen Z-Konto

• Provisionsüberschuss Gen Z (in Tsd. €):

Provisionsüberschuss Nachhaltig + #Konten Jugend * (Provisionsertrag pro Jugend-Konto – Transaktionskosten Jugend-Konto)
= Provisionsüberschuss Nachhaltig + 37,5 Tsd. * (2 € - 2,40 €) 
= Provisionsüberschuss Nachhaltig - 15
Jahr 1: -886 – 15 = -901; Jahr 2/3 je: 639 – 15 = +624 🡪 Summe = +347

• Ergebnis-Zusammenfassung
  • Lohnt sich die Karte: ja
  • Provisionsertrag pro Gen Z-Konto: erhöht sich stark, neuer Wert über Marktdurchschnitt
  • Provisionsüberschuss: mittelfristig +0,6 Mio. im Jahr 🡪 nur kleiner Hebel in Relation zum Gesamtergebnis der Bank