Informationen, die bei Nachfrage mitgeteilt werden können:

• Ziel des Markteintritts ist hauptsächlich die Steigerung des Umsatzwachstums, ohne die Profitmarge des gesamten Unternehmens zu verringern oder spürbare Veränderungen im operativen Betrieb der europäischen Märkte notwendig zu machen.
• Schmuck Agentur hat noch keine Erfahrung in China und hat allgemein noch nicht außerhalb Europas expandiert.
• Haupt-Segmentierungs-Achsen im Accessoires-Handel sind 1) Preisklasse (Luxus vs Premium vs Mid-Market vs. Eigenmarken) sowie 2) Produktkategorien (Uhren vs. Schmuck vs. Taschen vs. Andere Accessoires)

Der/die Interviewte sollte Bewertungskriterien für einen Markteintritt definieren.

Mögliche Bewertungskriterien:

• Marktattraktivität
  • Marktgröße und Wachstum
  • Marktstruktur (nach Produktkategorie und Preisklasse)
  • Absatzkanalstruktur (Online vs Offline, Ein-Marken- vs Mehr-Marken-Läden)
  • Wettbewerbsintensität
• Fit für den Kunden
  • Mögliche Profitabilität im Vergleich zu momentanen Profitmargen
  • Ähnliche Zielkunden
    • Vergleichbare Preisklassen und Produktkategorien
    • Vergleichbares Kaufverhalten und Kundendemografie
  • Rolle und Popularität westlicher vs chinesischer Marken in China
• Machbarkeit
  • Politische und regulatorische Rahmenbedingungen
  • Benötigtes Kapital
  • Verfügbarkeit von Partnern

Der/die Interviewte sollte zu folgenden Einsichten kommen:

• Diagramm 1: Markt- & Absatzkanalstruktur
  • Der chinesische Markt hat eine attraktive Größe und wächst stark (c. 20-25%) im Vergleich zu europäischen Märkten.
  • Allerdings ist der Mix nach Produktkategorie sehr unterschiedlich (höherer Anteil Schmuck & Uhren in China).
  • Auch die genutzten Absatzkanäle unterscheiden sich stark. Vor allem hat China einen höheren Onlineanteil (30% vs. 20% in Europa) und nur 15% Marktanteil von Accessoires-Fachhändlern wie unserem Schmuck Agentur (vs 30% in Europa). Für den online Vertrieb fehlt dem Kunden bisher die nötige Expertise.
  • Für Schmuck Agentur bedeutet dies, dass die Expansion nach China auf jeden Fall Wachstumsmöglichkeiten bietet, es werden allerdings auch andere Fähigkeiten (z.B. Online-Expertise) und ein leicht anderes Produktsortiment benötigt
• Diagramm 2: Konsumentenumfrage
  • Chinesische Kunden unterscheiden sich von europäischen Kunden vor allem durch ein signifikant niedrigeres Durchschnittsalter …
  • …sowie einem leicht höheren Anteil an Impulskäufen
  • Durch unterschiedliche Bedürfnisse und Kundencharakteristika müssten somit unter anderem Kundenansprache und Produktportfolio angepasst werden
• Diagramm 3: Profitabilitätsanalyse
  • Hier sollte der der/die Interviewte eigenständig beginnen die Profitabilität des stationären Geschäfts in China zu berechnen.
  • Ein sehr guter Kandidat würde zusätzlich anmerken, dass der Online-Handel in der vorhandenen Grafik nicht berücksichtigt wird und somit separat betrachtet werden müsste
  • Ergebnis: €3.4m jährlicher Gewinn (Detailrechnung siehe unten)
  • Sehr gute Kandidaten erkennen dabei schnell, dass unnütze Informationen in der Tabelle enthalten sind (Anzahl Mitarbeiter, Anzahl Onlinekäufer) und beachten, dass die berechnete Profitabilität erst langfristig erreicht ist.

Der Kandidat/die Kandidatin sollte auf Basis der Bewertungskriterien, analysierten Daten sowie eigener Einschätzungen bei Datenlücken zu einer Empfehlung gelangen, ob eine Expansion nach China sinnvoll ist.

Hierbei gibt es keine klare Lösung, der Fokus liegt auf guter Argumentation. Sehr gute Kandidaten orientieren sich an der Struktur aus Schritt 1 und geben eine klare Empfehlung. Sie stellen aber auch dar, welche weiteren Aspekte genauer fundiert werden sollten und ob es alternative Möglichkeiten gibt bevor der Kunde die finale Entscheidung treffen sollte.

Abwägung:

• Marktattraktivität
  • Der chinesische Accessoires-Markt ist attraktiv, mit großen Marktvolumen und schnellem Wachstum (c. 20-25%).
  • Allerdings sind Marktstruktur und Absatzkanäle anders als bisher bei unserem Kunden
    • Deutlich höherer Online-Anteil als in Europa (30% vs. 20% in Europa) sowie stärkerer Fokus auf Schmuck & Uhren. Vor allem im Onlinebereich hat Schmuck Agentur keine Erfahrung.
  • Daher ist der Markt zwar attraktiv, aber es müssten andere Produktkategorien & Vertriebskanäle priorisiert und etabliert werden.
• Potenzial
  • Nach 5 Jahren wäre das stationäre chinesische Geschäft für den Kunden profitabel, der jährliche Gewinn wäre jedoch eher gering (c. €3.4 Mio)
  • Des Weiteren sind die Charakteristiken von Accessoire-Käufern in China anders, sie sind z.B. deutlich jünger und tätigen mehr Impulskäufe.
  • Daher müsste sowohl Produkt- und Markenportfolio als auch Werbung/Ladengestaltung angepasst werden.
  • Insgesamt besteht somit Potenzial, aber die langfristigen Gewinnaussichten sind im stationären Geschäft eher gering.
• Machbarkeit
  • Schmuck Agentur hat keine Erfahrung und kein Team in China. Es wären somit wahrscheinlich erfahrene lokale Angestellte und Berater notwendig.
  • Insgesamt wäre eine Expansion machbar, aber es bestehen auch einige Hürden und Risiken (z.B. Unterschiede im Kaufverhalten und Kundenstruktur)

Empfehlung:

• Die Empfehlung hängt in diesem Fall von den Zielen des Kunden ab.
• Eine stationäre Expansion nach China ist möglich und es besteht eindeutig großes Wachstumspotential (dabei ist der chinesische Markt nicht nur größer, sondern wächst auch schneller als der westliche Accessoires-Markt, wo unser Kunde sonst aktiv ist).
• Da das tatsächliche Ziel des Kunden weiteres Umsatzwachstum ist, sollte eine Expansion nach China empfohlen werden.
• Wäre Schmuck Agentur eher die Profitmarge als das Umsatzwachstum wichtig, sollte jedoch von einer Expansion des stationären Geschäftes nach China abgesehen werden, da hier nur ein geringer zusätzlicher Profit erzielt werden kann.

Nächste Schritte:

• Es sollte detaillierter untersucht werden wie stark sich das Konsumentenverhalten im chinesischen Markt im Vergleich zum europäischen Markt unterscheidet und ob durch andere Vertriebsmodelle die Profitabilitätsaussichten verbessert werden könnten.
  • Etwa könnte in Betracht gezogen werden, ob ein reines Onlinemodell mit niedrigeren Kosten und Risiken eine Option wäre. Gute Kandidaten werden darauf hinweisen, dass ein reines Onlinemodell helfen könnte, die Marke unseres Kunden erstmal in China zu etablieren und das Konsumentenverhalten besser kennenzulernen, jedoch müsste Schmuck Agentur hierfür zunächst neue Onlinekapazitäten aufbauen.
• Außerdem könnte detaillierter untersucht werden, ob es für den Kunden auch andere Wachstumsmöglichkeiten, sowohl im Heimatmarkt (z.B. neue Produktkategorien, neue Kanäle) als auch in anderen internationalen Märkten, gibt. So kann man besser einschätzen, inwiefern der Eintritt in den chinesischen Markt die beste Option für unseren Kunden ist.