Steingeld und die erste FinTech-Lizenz in der Schweiz – wie passt das zusammen?

Yapeal ist ein bekannter Name in der Schweizer FinTech-Szene – jeder, der mehr über die Digitalbanken erfahren will, stösst auf diesen Namen. Yapeal wurde aus zwei Wörtern zusammengesetzt: Appeal und Yap. Yap ist eine Insel in Mikronesien, die dafür bekannt ist, dass dort zum Teil immer noch Steingeld als Zahlungsmittel genutzt wird, welches man als „Prototyp“ von Blockchain betrachten kann. Da die Steine zu schwer sind, um sie zu bewegen, bleiben sie auch beim Wechsel der Besitzer einfach da, wo sie sind – und die Eigentumsrechte werden im Gedächtnis festgehalten. Ich hatte die Ehre, mit dem CEO und Mitgründer von Yapeal Thomas Hilgendorff zu sprechen

Idee hinter Yapeal

Thomas Hilgendorff, Yapeal Gründer und CEO / BankingHubThomas, was war die Idee hinter Yapeal, wie ist sie entstanden?

Vor zehn Jahren haben ein Kollege und ich ein Beratungsunternehmen gegründet, dabei haben wir uns auf die Digitalisierung im Bankenumfeld spezialisiert. So sind wir auch mit FinTechs in Berührung gekommen und haben auch selbst investiert. Ende 2017, beim Mittagessen mit meinem Jugendfreund Christian R. Meier (CIO von „Yapeal“), habe ich ein spannendes Gespräch geführt – warum passiert in England oder Deutschland so viel im Bereich Challenger-Banken und in der Schweiz gar nichts?

Wort für Wort, so haben wir ein White Paper geschrieben, erst einmal nur für uns. Als nächstes haben wir unser Paper mit ein paar Kollegen diskutiert, dann mit Investoren. Danach ging es ganz schnell – zwischen Weihnachten und Silvester 2017 wurde ein Businessplan geschrieben. Kurz darauf haben sich zwölf engagierte Kollegen und drei Verwaltungsräte zusammengetan, die ersten Investoren wurden gefunden, und so wurde am 06.06.2018 Yapeal gegründet.

Ziel bei Yapeal ist es, die Bedürfnisse der Kunden im neuen digitalen Zeitalter zu bedienen. Diese haben sich verändert, sind aber dennoch ganz einfach geblieben. Es geht um die Bequemlichkeit, es geht darum, gehört und verstanden zu werden. Wir haben die Yapster-Community gegründet, um genau diese Kundenstimme zu bedienen. Die ersten 200 Nutzer kannten wir persönlich – er waren Freunde, Bekannte, Ex-Kollegen etc. Die Community ist gewachsen – mittlerweile zählen wir ca. 1’500 Mitglieder, die dem Thema gegenüber aufgeschlossen sind und einen sehr wertvollen Beitrag zu unserer Weiterentwicklung leisten.

Wir haben keine Kundensegmente im Auge, sondern Kundenbedürfnisse. Unsere Kunden wollen Rechnungen bezahlen, ihre Ausgaben kontrollieren, ihren Kindern Taschengeld überweisen – einfache Dienstleistungen, bei welchen jedoch seit Jahren die Innovation ausgeblieben ist. Mit unseren Paketen „Family Shizzle“ oder „Financial Amigo“ wollen wir genau diese Bedürfnisse abdecken. Seien wir doch mal ehrlich – mehr als 60 % der Bankkunden sind „over-banked“ – nicht jeder Bankkunde benötigt die ganze Palette an Dienstleistungen, die die Bank anbietet und die am Ende doch von allen Bankkunden getragen werden muss.

Wie plant Yapeal, Geld zu verdienen?

Die meisten Digitalbanken sind (fast) kostenlos – wie plant Yapeal, Geld zu verdienen?

Im Gegensatz zu den klassischen Geschäftsmodellen anderer Banken bauen wir auf Transparenz und Nachhaltigkeit auf. Wir wollen keine teuren und zum Teil unnötigen Produkte verkaufen, unsere Gebührenstruktur soll nachvollziehbar und fair sein. Wir hören auf unsere Kunden – und unsere Kunden wollen einen guten Service und Dienstleistungen, die auch wirklich genutzt werden. Deswegen nehmen wir uns ein Beispiel an Unternehmen wie Spotify – unser Kunde wird eine Subscription Fee zahlen, für die Services, die er wirklich braucht.

Wir haben festgestellt, dass den meisten Kunden gar nicht bewusst ist, was und wofür sie bei ihrer Bank zahlen. Und eben nicht alles, was kostenlos scheint, kostet am Ende auch nichts. Yapeal setzt nicht auf die kostenlosen Angebote – Yapeal setzt auf die Qualität und auf die Nachhaltigkeit. Wir wollen unsere Kunden begeistern und sie dadurch an uns binden. Unser Vorteil besteht darin, dass wir im Gegensatz zu den traditionellen Grossbanken keine Legacy haben – und somit agil arbeiten und sehr flexibel auf die Kundenbedürfnisse reagieren können.

Selbstverständlich vergleichen wir uns auch mit unseren direkten Wettbewerbern – anderen Challenger-Banken. Die meisten bieten dabei FX-Zahlungen an – dabei ist es für unsere Community gar nicht der wichtigste Service. eBill hat unsere Community als viel wichtiger eingestuft. Aber klar, wir bieten auch FX-Zahlungen an. Bei weiteren Produkten wie Krediten usw. sind wir der Meinung, dass (zumindest vorerst) eine Kooperation mehr Sinn ergeben wird. Dafür haben wir einen regelmässigen Austausch mit den namhaften Anbietern und vielversprechenden FinTechs.

Was machen traditionelle Banken falsch?

Was machen die traditionellen Banken in deinen Augen falsch – und was lernen sie daraus?

Es fehlen ihnen Ideen und Mut. Traditionelle Banken merken viel zu spät, dass sie einen Kunden verlieren. Auch wenn Digitalbanken meistens erst als Anbieter für ein Zweitkonto oder Urlaubszahlungen gesehen werden – nach ein paar Monaten merken die meisten Kunden, dass eine Digitalbank genauso sicher und dann auch noch günstiger und innovativer sein kann – und wechseln. Dann ist es schon zu spät, etwas zu ändern. Monzo gibt an, bis zu sieben Touchpoints mit jedem seiner Kunden zu haben – und wie oft geht ein Durchschnittskunde einer traditionellen Bank in die Filiale? Oder meldet sich im E-Banking an?

Yapeal bekommt vermehrt Anfragen von den traditionellen Banken – sie haben von uns gehört, finden unseren Onboarding-Prozess toll, wollen von uns lernen oder uns für die Prozessoptimierung beauftragen. Im Handelsregister sind wir ja auch als Softwareentwickler eingetragen. Unser Unternehmen haben wir komplett nach Scrum aufgebaut. Wir können so sehr schnell auf die veränderten Kundenbedürfnisse oder auf die neuen Marktgegebenheiten reagieren.

Unsere Produktpalette wollen wir sehr fragmentiert gestalten – das bedeutet, dass wenn der Kunde im Winter eine Skiversicherung (aber dann nur diese und nicht die ganze Hausratversicherung) braucht, dann bekommt er die auch. Um diese modulare Anbindung von Angeboten und auch von Drittanbietern zu ermöglichen, müssen wir unsere Software ständig up to date halten.

Unsere App ist lean, alle Daten werden aus dem sogenannten „YapCore“ bezogen, was nichts anderes als ein Data Lake ist. Die Integration zum Payment-Service-Provider wird auch dadurch sichergestellt. Unsere Data Analytics basiert ebenfalls auf dem Data Lake – und die von uns angebotenen Pakete „Family Shizzle“, „Financial Amigo“ etc. auch. So können wir jederzeit unsere Pakete anpassen – und neue schnüren.

Zukunftspläne von Yapeal

Wo siehst du Yapeal in fünf Jahren, Thomas?

Dieses Jahr war sehr wichtig für uns. Unsere erste Livetransaktion wurde Mitte August erfolgreich durchgeführt. Wir testen gerade unsere App mit den ersten 60 Kunden, unseren „Alphas“; wir haben alle Use Cases getestet, die nur live getestet werden konnten. Zurzeit zahlen unsere Kunden das Geld noch über eine Korrespondenzbank ein – eine FinTech-Lizenz würde das ändern. Das war wohl der grösste und der wichtigste Schritt in diesem Jahr: Wir haben eine FinTech-Lizenz bei FINMA beantragt – ein Novum für die Schweiz.

Die anderen Digitalbanken in der Schweiz haben eine Banklizenz mit Auflagen, jedoch keine FinTech-Lizenz. Der Hauptunterschied besteht darin, dass wir Kundengelder in Höhe von max. 100 Mio. CHF annehmen dürfen und dass wir damit keine Zinsgeschäfte machen dürfen. Ansonsten gibt es keinen Unterschied zu einer Banklizenz. Wir rechnen damit, dass wir die FinTech-Lizenz Ende 2019 oder Anfang 2020 bekommen können – somit wäre der „Go-public“ für das Q1 2020 angesetzt.

Wo sehe ich Yapeal in fünf Jahren … Als Start-up-Gründer hat man natürlich auch den Exit im Kopf. Als Unternehmer wünsche ich mir, dass Yapeal weiter wächst und auf dem Markt (vielleicht auch im Ausland) erfolgreich ist. Wir schliessen nicht aus, dass wir auch B2B-Dienstleistungen anbieten werden – wie zum Beispiel Prozessoptimierung für die traditionellen Banken. Aber wir wollen uns auch nicht verzetteln – schliesslich leben wir die „Economy of Scope“ und wollen uns auf unsere wichtigste Mission konzentrieren: die Bedürfnisse unserer Kunden.

Vielen Dank für das tolle Gespräch und weiterhin viel Erfolg, Thomas!

Sprechen Sie uns gerne an!

Alesia Prytulchyk / Autorin BankingHub

Alesia Prytulchyk

Senior Managerin Office Zürich

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